Sie war eine der ersten Frauen in Kaltern, die über 40 Jahre alleine eine Gästepension führte, die Pension GIUS, aus der später „GIUS – La Residenza“ wird. Doch wer war diese emanzipierte Frau mit der besonderen Aura, stets adrett gekleidet und nie um ein Wort verlegen, die im Dorf als „Glückweibi“ bekannt war?
Die Rede ist von Maria Glück Gius. Schon früh zeigte sich ihr Kämpferherz, denn sie kam als Frühchen zur Welt – mit bereits sieben Monaten. Doch im Gegensatz zu ihren Geschwistern, die beide bei der Geburt verstarben, überlebte Maria, indem sie in Watte gepackt und neben dem Backofen in der Backstube gelegt wurde, damit ihr schön warm war.
Sie verbrachte ihre Kindheit gemeinsam mit ihren Eltern in Kalterns Dorfzentrum, wo sie oberhalb ihrer Bäckerei lebten. Während des Zweiten Weltkrieges und unter Einfluss der Italienisierung sollte die Familie die Bäckerei „Glück“ in „Fortuna“ umbenennen, doch Marias Mutter, von dem sie ihren Kampfgeist erbte, weigerte sich. Die Familie musste ihr Geschäft schließen, durfte aber nach einigen Wochen wieder öffnen, weil die Bäckerei „Glück“ als einzige Bäckerei für das Dorf unentbehrlich war. Die Armut breitete sich zu jener Zeit auch in Kaltern aus und Familie Glück versuchte, so vielen Familien wie möglich zu helfen. Irgendwann hatte sie aber selbst große Geldsorgen. Um den Getreidelieferanten zu bezahlen, mussten ihre Eltern Marias heißgeliebte Zitter verkaufen.
Bereits mit 13 Jahren lernte Maria ihre große Liebe, den Bauersbub und Milchjungen Arthur Gius kennen, der die Milch in die Bäckerei geliefert hatte. Arthur war ein großartiger Schuhplattler – das beeindruckte die junge Maria. Die beiden wurden ein Paar und blieben ein Leben lang zusammen.
1956 wurde ihr Sohn Gerhard, sechs Jahre später ihre Tochter Gerda geboren. Ungefähr zur gleichen Zeit macht Maria einen wichtigen Schritt für die spätere Geschichte ihrer Familie.
Gemeinsam mit ihrem Mann eröffnet sie ihre Pension. „Darauf war sie besonders stolz, denn es war die erste Pension in Kaltern mit Toiletten auf den Zimmern“, erzählt Enkelin Vera lachend. Maria war es, die die Pension führte. Arthur ging seiner Arbeit als Bauer nach und Marias Vater unterstützte sie, indem er die Enkelkinder Gerda und Gerhard betreute. Ein zur damaligen Zeit sehr modernes Familienmodell, das Maria Glück von ihren eigenen Eltern übernommen hatte. Vermutlich war sie deshalb ihr Leben lang eine sehr offene und modern eingestellte Frau.
Kurz nach der Pensionierung, als Oma Glück und Opa Gius ihre gemeinsame Zeit genießen wollten, starb Arthur. Maria musste nun ohne ihren Seelenpartner weiterleben – sie hatte jedoch immer ihren festen Bestandteil innerhalb der Familie und forderte diesen auch ein. Die Schwestern Mara und Vera erinnern sich gerne an ihre Oma: „An Silvester haben wir Oma immer als erstes Punkt Mitternacht angerufen, darauf hat sie bestanden! Wir waren außerdem jeden Samstag bei ihr zum Mittagessen eingeladen, sie war eine tolle Köchin und Bäckerin und: Sie ist täglich zu uns ins La Nonnaglück spaziert.“ Bis zuletzt mischte sie mit – mit Anekdoten, guten Tipps und freundlichem Plausch mit den GIUS-Gästen.
Trotz ihrer Sensibilität besaß Maria Glück stets eine unglaubliche Stärke, die sie auch ausstrahlte. Mara und Vera beschreiben ihre Oma als kollegial, fair und „außerdem hatte sie immer die besten Ratschläge.“ Ihre Meinung kundzutun, damit hatte sie keine Probleme, ganz im Gegenteil: Maria Glück war dafür bekannt, kein Blatt vor den Mund zu nehmen – das tat sie jedoch immer auf eine sehr höfliche und vor allem charmante Art und Weise, sodass sie von allen gemocht wurde.
Ehrlich, gerecht, genau und hilfsbereit – mit diesen Eigenschaften ließ sich Oma Glück am besten beschreiben, eine Frau, die zerbrechlich und gleichzeitig stark war, die einen ausgeprägten Familien- und Gerechtigkeitssinn besaß und vor allem eines konnte: richtig gut zuhören. Dafür schätzten und liebten sie die Menschen – allen voran ihre Familie. Der Name des Boutique-Cafès „la nonnaglück“ sei ihr anfangs übrigens sehr unangenehm gewesen, „aber dann war sie doch irgendwann sehr stolz darauf", schmunzelt Mara. Auch ansonsten ist ihr Wesen heute noch immer überall spürbar, nicht nur im Namen des Cafès, sondern vor allem auch in der Residenz. Ein Ort, an dem sie bis zu ihrem Tod am 29. November 2021 gelebt hatte und den es ohne Maria Glück gar nicht geben würde. In ihrer Erinnerung sehen sie ihre Familie und auch die einen oder anderen Hotelgäste noch heute von ihrem Balkon runter winken.